Die Herausforderungen für Trennungseltern sind vielschichtig. Immer wieder hören wir auch von Problemen im Einwohnermeldeamt. Hier ist aber eine Stelle, wo man etwas erreichen kann, wenn man denn rechtlich Bescheid weiß und in der Lage ist diplomatisch zu bleiben.
Wenn getrennterziehende Eltern mit gemeinsamer elterliche Sorge umziehen, muss auch das Kind umgemeldet werden. Der Gesetzgeber verlangt hier zurecht, dass in bestimmten Fällen, das schriftliche Einverständnis des jeweils anderen Elternteils vorgelegt werden muss. Der Sinn ist klar, es soll verhindert werden, dass ein Elternteil mit Kind in einer Nacht- und Nebelaktion Fakten schafft. (Ob das reicht, steht auf einem anderen Blatt.) Ausnahmen sind keine Vereinfachungen und so musste ich neulich vier Mitarbeiterinnen das Bundesmeldegesetz erklären.
Wenn also die gemeinsam Sorgeberechtigten ohnehin schon länger nicht mehr zusammenleben, kann derjenige, bei dem das Kind mit Hauptwohnsitz gemeldet ist, dieses alleine ummelden, jedenfalls innerhalb der gleichen Stadt. Und derjenige, bei dem das Kind nicht mit Hauptwohnsitz gemeldet, kann das Kind bei sich mit Nebenwohnsitz melden, ohne Einverständnis des zweiten Elternteils. Was bringt der Nebenwohnsitz? Zunächst mal schadet er nicht, denn Zweitwohnungssteuer fällt für Minderjährige nicht an, bringen tut er meines Erachtens zweierlei. Zum einen hilft es einem vielleicht psychologisch, und da können viele jede noch so kleine Streicheleinheit gebrauchen, und im Notfall können die Behörden sehen, wer dort gemeldet ist. Wenn also das Haus brennt, rennt die Feuerwehr vielleicht nochmal rein, um dein Kind zu retten.
Ich also neulich beim Meldeamt, schön mit Termin und Impfnachweis. Am Schalter sitzen eine Auszubildende und ihre Ausbilderin. "Hallo, ich möchte bitte ..." "Nein, ohne schriftliches Einverständnis des anderen Elternteils geht das nicht." "Doch" "Nein" "Dann fragen Sie mal Ihre Vorgesetzte." "Gut, aber die wird Ihnen auch nichts anderes sagen." ...... Irgendwo im Hintergrund hört man sie diskutieren ... Dann kommen beide zum Schalter. Die Vorgesetzte so "Ich muss Ihnen leider sagen, dass meine Kollegin Recht hat, weil ..." "Nein." "Steht so im Bundesmeldegesetz." "Nein, da steht das genaue Gegenteil." "Gut, wir fragen die Schichtleitung (oder wie das heißt) warten Sie bitte draussen." "Ich warte lieber hier." ...... Dann kommt die Schichtleitung "Tut mir leid, ich muss Ihnen leider sagen, dass meine Kolleginnen Recht haben, weil ..." "Können Sie mir bitte schriftlich geben, dass Sie meinen Antrag auf Ummeldung ablehnen?" "Nein, wir verweisen auf das Bundesmeldegesetz." "Da steht aber, dass Gegenteil von dem was Sie behaupten." "Dann stellen Sie bitte einen Antrag." "Gut, hiermit stelle ich den Antrag." "Bitte schriftlich" "Gut." Ich nehme irgendeinen Zettel und fange an zu schreiben. "Machen Sie das bitte draussen." "Ich möchte es lieber hier machen." "Gut, dann gehen Sie bitte da an den Tisch und kommen anschließend zu mir." .... Gesagt, getan. .... Ich gehe mit dem Antrag zur "Schichtleitung" und leite ein mit "Entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten, aber ...". Offenbar hatte die "Schichtleitung" inzwischen dazugelernt und fängt einfach mit der Ummeldung an ... Das war natürlich geil und man verzeihe mir, dass ich mich an den kleinen Erfolgen erfreue. Es zeigt aber, dass man eben so gut Bescheid wissen muss, dass man denen ihren Job erklären kann, UND diplomatisch sein muss.
Das gleiche gilt übrigens, wenn man als gemeinsam sorgeberechtigter Elternteil beim Meldeamt vorbeugend eintragen lassen möchte, dass man mit einer Ummeldung durch den anderen allein nicht einverstanden ist. "Das geht nicht." "Doch" "Nein" "Schauen Sie ..."
Der einschlägige Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW vom 22.04.2016 mit dem Aktenzeichen 112-38.04.06 lautet:
Meldewesen
Anmeldung von minderjährigen Kindern
Das Bundesministerium des Innern hat bezüglich der Anmeldung von minderjährigen Kindern auf Folgendes hingewiesen:
§ 17 Bundesmeldegesetz (BMG) regelt die Anmeldung, während § 22 BMG bei der Bestimmung der Hauptwohnung (Statusbestimmung) zu beachten ist. Beide Vorschriften müssen getrennt voneinander betrachtet werden. Die Anmeldung nach § 17 BMG selbst ist, frei von sorgerechtlichen Restriktionen. Im Rahmen der Bestimmung von Haupt- und Nebenwohnung ist bei gemeinsamen Sorgerecht jedoch Nummer 22.2 der Verwaltungsvorschrift zum BMG (BMGVwV) zu beachten.
Absatz 1 regelt das Vorgehen bei der Bestimmung des Status der Wohnung, wenn die Personensorgeberechtigten bereits getrennt leben und das Kind bei jedem Personensorgeberechtigten wohnt.
Absatz 2 regelt die Statusbestimmung, wenn ein Personensorgeberechtigter eine Anmeldung vornimmt, die bei gewünschter Statusänderung oder Abmeldung einer anderen Wohnung das gemeinsame Sorgerecht verletzen könnte.
Fälle von Anmeldungen durch 16-17jährige minderjährige Einwohner kollidieren aufgrund des Wortlautes in Nummer 22.2 Absatz 2 BMGVwV ("...von einem Elternteil...umgemeldet...") nicht mit den dortigen Regeln.
Für Fälle, in denen die Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind und ein minderjähriger Einwohner, der bisher mit beiden Eltern in einer Hauptwohnung gelebt hat, aus Anlass des Umzuges eines Elternteils von diesem in dessen Wohnung angemeldet werden soll, sind folgende Erläuterungen der BMGVwVmaßgeblich:
Die Anmeldung einer Person unter 16 Jahren ist kein Gegenstand der elterlichen Sorge, denn die Meldepflicht für ein Kind wird von den Eltern nicht in Vertretung des Kindes, sondern aus eigener Verpflichtung gemäß § 17 Absatz 3 Satz 1 BMG wahrgenommen. In Nummer 17.3 BMGVwV wird daher darauf hingewiesen, dass bei der Erfüllung der Meldepflicht nach Absatz 3 personensorgeberechtigte Erwägungen unbeachtlich sind. Der umziehende sorgeberechtigte Elternteil darf daher das Kind bei sich mit anmelden, soweit die tatsächlichen Voraussetzungen (Bezug einer Wohnung) auch für das Kind vorliegen. Folge dieser Anmeldung wäre in dieser Fallgestaltung zunächst nur die Registrierung als Nebenwohnung.
Soll hingegen die Hauptwohnung des minderjährigen Einwohners neu bestimmt werden, gelten in den zugrunde gelegten Fällen die Erläuterungen in Nummer 22.2 Absatz 2 BMGVwV. Die Entscheidung zur Verlegung des Lebensmittelpunktes des Kindes ist auch eine Frage der elterlichen Sorge, über die beide Eltern nach §§ 1627, 1687 Absatz 1 Satz 1 BGB Einigkeit erzielen müssen (s. auch BVerwG, Urteil vom 30. September 2015, 6 C 38.14). In Nummer 22.2 Absatz 2 BMGVwV wird daher darauf hingewiesen, dass sich die Meldebehörde das Einverständnis des anderen Elternteils auch dann vorlegen lassen soll, "wenn die alleinige oder Hauptwohnung des minderjährigen Einwohners von der Wohnung eines Elternteils in die Wohnung des anderen Elternteils umgemeldet wird".
Soweit die Personensorgeberechtigten bereits getrennt leben und nur ein Wohnungswechsel mit dem Sorgeberechtigten erfolgt, bei dem das Kind bisher seine Hauptwohnung hat und auch beibehalten wird, ist kein Einverständnis des anderen Sorgeberechtigten notwendig.