Seminartag für getrennte Eltern, Großeltern und Interessierte, organisiert von der Bundesinitiative Großeltern und der Katholischen Familienbildungsstätte in Euskirchen - Erfahrungsbericht einer Teilnehmerin
Etwa 40 betroffene Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter viele Großeltern,
2 Referenten: Karin A. Kokot, Dipl. Päd ist selbstständig tätig als Trainerin und Coach im Raum Frankfurt/M. Sie ist ehemaliges Mitglied im Bundesvorstand des Väteraufbruch für Kinder e.V. und hat in dieser Zeit die Projektgruppe Eltern-Kind-Entfremdung geleitet.
Marc Serafin, Dr. phil. Dipl. Soz. Arb., ist Sozialwissenschaftler und leitet das Jugendamt der Stadt Sankt Augustin. Er ist Mitbegründer des Arbeitskreises Elternschaft nach Trennung im Rhein-Sieg-Kreis und Lehrbeauftragter am Fachbereich Sozialwesen der Katholischen Hochschule NRW in Köln im Fach Methoden der Sozialen Arbeit.
2 Fachprofessionen: Benedict Kremp, Leiter Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung
Petra Quast, Teamleitung Jugend und Familie, Kreis Euskirchen
Nach der Begrüßung durch Annemie Wittgen, BIGE, beginnt Karin A. Kokot mit ihrem Vortrag über Eltern-Kind-Entfremdung. Die Teilnehmenden erfahren, was Eltern-Kind-Entfremdung ist, wie sie entsteht und welche Folgen sie haben kann. Karin A. Kokot berichtet aus der Sicht des Kindes, wie Kinder Entfremdung erleben können und geht dabei auch darauf ein, wie sie selber die Entfremdung von ihrem Vater erlebt hat. Es werden die Strukturen im Machtgefüge der Trennungsfamilie - dem System, in dem Entfremdung entsteht - beleuchtet und dabei die Positionen der einzelnen Beteiligten mit einbezogen. Karin A. Kokot erzählt, was Eltern tun können, die keinen Kontakt zu ihren Kindern haben. Sie sollten sich jeden Tag die Frage stellen: "Was kann ich aktiv tun, um meine Kinder zu entlasten". Auch wenn ich aktuell keinen Kontakt zu meinem Kind oder zu meinen Kindern habe, kann ich aktiv daran arbeiten, dass es mir gut geht, dass ich mein Leben und meinen Alltag gestalte, dass ich gut für mich sorge. Denn ... ich bin die größte Hoffnung für mein Kind, für meine Kinder auf eine gesunde Zukunft und auf Heilung.
Nach einer Pause, die die Teilnehmenden bei Kaffee und Kuchen, Zitronenwasser und belegten Schnittchen (herzlichen Dank für das wunderbare Catering) zum regen Austausch genutzt haben, geht es weiter mit dem Vortrag "Wie Hilfe und Unterstützung finden bei familiären Trennungskonflikten?" von Marc Serafin.
Mit einer Elterntrennung hört die Familie nicht auf. Es sind vielfältige Bindungen entstanden, z.B. auch zu den Großeltern. Für die Eltern stellt sich nach der Trennung insbesondere die Aufgabe, sich aus der Paarbeziehung loszulassen, aber gleichzeitig Eltern für ihre Kinder zu bleiben. Es gilt gemeinsam ein neues Arrangement zu finden, welches die Familienbindungen ihrer Kinder aufrecht erhält und fördert. Zu diesen Bindungen gehören auch die Beziehungen der Enkelkinder zu ihren Großeltern. Die Teilnehmenden erfahren, welche Möglichkeiten der Beratung und Unterstützung es gibt und wie die gesetzliche Grundlage dafür lautet. Familienberatungsstellen, Jugendämter und das Familiengericht haben die Aufgabe, Eltern und Familien dabei zu helfen, Konfliktspannungen abzubauen und zu einer guten und gelingenden Gestaltung der neuen Familiensituation zu finden. Auch Großeltern haben einen gesetzlichen Anspruch auf Beratung bei den Institutionen. Das überrascht viele der anwesenden Großeltern. Sie haben nach eigener Aussage bei ihrer Suche nach Unterstützung anderslautende Informationen bekommen und keine Hilfe gefunden.
Im zweiten Teil des Vortrages können wir Teilnehmenden selber mitwirken. Marc Serafin verteilt fünf Schilder im Raum mit der Aufschrift: Familienberatung, Jugendamt, Anwalt, Familiengericht, Mediation und fordert uns auf, uns der Aufschrift zuzuordnen, bei der wir zuerst nach Unterstützung gesucht haben. Es zeigt sich, das ein Großteil der Betroffenen zuerst beim Jugendamt oder bei den Familienberatungsstellen Unterstützung gesucht haben. Danach führt der Weg über Anwälte zum Familiengericht und eine kostenpflichtige Mediation wurde ebenfalls von einigen Teilnehmenden genutzt. Zusammenfassend hat eine Vielzahl der Anwesenden alle fünf Beratungsmöglichkeiten konsultiert. Bei der abschließenden Frage: "Wie hilfreich war das"? "Sehr hilfreich" oder "Wenig hilfreich" schnitten vor allem die Jugendämter schlecht ab. Alle Beteiligten waren sich allerdings darüber einig, dass es immer auf die einzelne Person ankommt, die man in der Institution antrifft. Ein pauschales "gut" oder "schlecht", trifft es hier nicht.
Aus dieser sehr anschaulichen Übung entwickelt sich eine rege Diskussion. Frau Petra Quast vom Jugendamt Kreis Euskirchen berichtet von ihrer Arbeit und von den Möglichkeiten des Jugendamtes. Ihrer Einschätzung nach, wünschen sich die Eltern und Großeltern mehr, als die Jugendämter leisten können. Auch Herr Kremp berichtet von seiner Arbeit. Er macht die Erfahrung, dass viele Gerichtsverfahren nach einem Termin beendet sind.
Zusammenfassend war das eine sehr gelungene und sehr wertvolle Veranstaltung! Schade, dass die Zeit so schnell vergangen ist und nicht mehr so viel übrig war für die Diskussion.
Ich bin mit dem Wunsch nach Hause gefahren, genau dieses Format schnellst möglich auch in Köln zu veranstalten. Die Großeltern der Großelterninitiative haben mich sehr beeindruckt. Ich bewundere die Energie und den festen Willen der Großeltern, trotz der vielen traurigen Geschichten, die sie verbindet, ihr Leben in die Hand zu nehmen, nach vorne zu gehen und auch politisch für ihr Thema zu kämpfen! Danke dafür!