Im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf hörten sich ca. 160 Teilnehmer, überwiegend Ärztinnen, mehrer Vorträge zum Thema an. Trennung mit Kind trifft also auch im Gesundheitssystem auf breites Interesse und scheint eine bedeutende Rolle zu spielen. Es outeten sich auch ein paar Nicht-Mediziner, z.B. Mitarbeiterinnen eines Job-Centers.
Schon in der Begrüßungsrede wurde auf die Problematik hingewiesen, dass manche Eltern nach ärztlichen Attesten fragen, um bevorstehende Umgangskontakte absagen zu können.
Die Chefärztin der Düsseldorfer Universitäts-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie hielt einen Vortrag über Eltern psychisch kranker Kinder und Kinder psychisch kranker Eltern. Mit Trennungen hatte das insofern zu tun, als dass einerseits Trennungseltern und -kinder eben häufig mit psychischen Problemen und Krankheiten zu tun haben, und andererseits ihre Patientenklientel weit überdurchschnittlich von Trennung der Eltern betroffen ist.
Auf meine Frage hin konnte Sie leider keine Zahlen oder persönlichen Erfahrungen zum gesundheitlichen Einfluß von vollständigem Kontaktabbruch zwischen Kind und einem Elternteil benennen.
Als nächstes hielt Prof. Peter Zimmermann, Lehrstuhlinhaber für Entwicklungspsychologie an der Universität Wuppertal, einen Vortrag zu „Elterntrennung und Bindungs-entwicklung bei Kindern“. Für mich waren die vorgetragenen Erkenntnisse nicht neu, für viele andere vielleicht nicht. Auf jeden Fall gut zu wissen, dass es hier einen möglichen Ansprechpartner gibt. Sein Fazit war, dass jede Bindung erhalten bleiben sollte und Die Betreuungsaufteilung nach Trennung für das Kindeswohl keine entscheidende Rolle spielt, sondern allein das Außmaß des Elternstreits. Den aber kann es auch ohne Eltern-Trennung geben.
Meine Frage, ob er Zahlen zur Gesundheitssituation des „Umgangselternteils“ hätte, wurde verneint. Für Instrumente, um Elternkonflikte zu „behandeln“, verwies er mich auf ein Gespräch nach der Veranstaltung. Das konnte zwar nicht mehr stattfinden, aber ich werde in anschreiben.
Prof. Matthias Franz von der Psychosomatik der Uniklinik Düsseldorf sprach am ausführlichsten. Insbesondere stellte er sein Hilfsprogramm „Wir2“ für „Alleinerziehende“ und „ihre“ Kinder vor. Dieses Programm wird von einer privaten Stiftung mit erheblichen finanziellen Mitteln unterstützt.
Im Verlauf der Veranstaltung hatte ich mehrfach angemerkt, dass insgesamt leider sehr wenig vom „anderen Elternteil“ die Rede war. Auf meine Frage, wie dieser Elternteil ganz praktisch und konkret in das Hilfsprogramm „Wir2“ einbezogen wird, ging Prof. Franz empathisch und ausführlich ein. Leider wird der „andere Elternteil“ nicht physisch mit einbezogen. Ihm wird aber schriftlich eine Beratung angeboten. Außerdem hat die Vermittlung der wichtigen Rolle beider Eltern (speziell des Vaters) für die Entwicklung des Kindes breiten Raum im Programm. Schön fand ich seine Aussage, dass es ja auch Hilfsangebote speziell für Väter gäbe, z.B. den Väteraufbruch! :-) Das war keineswegs despektierlich gemeint, sondern als Beispiel für ein seriöses Hilfsangebot.
Aus dem Publikum wurde mehrfach das „Wechselmodell“ angesprochen. Leider war die Antwort von Prof. Zimmermann nicht sehr informiert. Er meinte es gäbe kaum Untersuchungen dazu und nannte nur die Wechselmodell-kritische Frau Walper. Da konnte ich glücklicherweise aushelfen und auf Frau Sünderhauf, die Studie von Dr. Rücker aus Österreich und die umfangreiche internationale Studienlage hinweisen.
Fazit: Es ging weit überwiegend über die gesundheitlichen Schwierigkeiten „Alleinerziehender“ und betroffener Kinder. Der "andere Elternteil" kam nur am Rande vor.
Immerhin es besteht bei den Gesundheitsberufen offenbar ein Bewusstsein für und ein breites Interesse am Thema Trennung mit Kind.