Seit einiger Zeit wird von Lobbygruppen in der Öffentlichkeit versucht, den Gewaltbegriff im Zusammenhang mit familiengerichtlichen Verfahren unter Missbrauch der Istanbul-Konvention einseitig geschlechtsbezogen auszulegen. Dabei wird gleichzeitig versucht darzustellen, dass der Begriff Eltern-Kind-Entfremdung von (natürlich gewalttätigen) Vätern dazu benutzt wird, um mit Hilfe von willfährigen Gerichten Müttern die Kinder zu entziehen. Eine aktuelle Studie weist dieses transparent und replizierbar zurück.
Als Basis für die Studie dienten 500 Kanadische Gerichtsentscheidungen aus den vergangenen 16 Jahren, bei denen sowohl der Vorwurf eines sexuellen Missbrauchs im Raum stand als auch eine Eltern_Kind-Entfremdung festgestellt wurde. Die Studie bestätigte unsere Erfahrungen aus der Selbsthilfearbeit, dass die überwiegende Mehrzahl der von Eltern vorgetragenen Missbrauchsvorwürfe in familienrechtlichen Verfahren allein deshalb vorgetragen werden, um den anderen Elternteil auszugrenzen. Dabei fand die Studie heraus, dass die Vorwürfe von beiden Geschlechtern gleichermaßen erhoben wurde.
"Bei den missbräuchlich entfremdenden Elternteilen waren es 71,4 % Mütter. Die von den Lobby-Gruppen verbreitete These, dass dies überwiegend Väter wären, wurde nicht bestätigt.
Die Hypothese, dass Missbrauchsvorwürfe eines entfremdenden Elternteils eher als unbegründet eingestuft wurden, wenn es sich um eine Mutter handelte bzw. diese vom entfremdenden Elternteil erhoben wurde, fand keine Bestätigung. Die Vorwürfe wurden unabhängig davon aufgeklärt, von wem oder gegen wen diese erhoben wurden.
Eine weitere, zu prüfende Hypothese war, dass je mehr unbegründete Vorwürfe eine entfremdende Mutter erhebt, desto wahrscheinlicher sei es, dass der entfremdete Vater eine Reduzierung seiner Betreuungszeit oder den Verlust des Sorgerechts erleidet. Von 459 durch Mütter erhobene Missbrauchsvorwürfe erwiesen sich nur 6,8% als begründet. 80% der durch Mütter erhobenen Missbrauchsvorwürfe waren unbegründet (13,3% unbekannt). Durch entfremdende Väter wurden weniger Missbrauchsvorwürfe erhoben (n = 112). Auch bei diesen waren 72,3% der Vorwürfe unbegründet, 20,1% unbekannt und lediglich 7,1% begründet. In der Auswertung der Daten gab es keine Hinweise darauf, dass es Unterschiede in der Bewertung von Missbrauchsvorwürfen bei gerichtlichen Entscheidungen zum Sorge- oder Umgangsrecht aufgrund des Geschlechts gab. Die Qualifizierung, ob die Vorwürfe begründet oder unbegründet waren, mussten dabei durch Gerichte oder andere Fachkräfte erfolgt sein. Lediglich Behauptungen und Gegenbehauptungen von Eltern waren nicht ausreichend. Hier zeigte sich ein überaus deutlicher Zusammenhang zwischen Gewaltvorwürfen und Eltern-Kind-Entfremdung.
In der letzten Hypothese wurde dann geprüft, ob es Unterschiede nach Geschlecht gibt, wer entfremdet. In 65,3% waren Mütter der entfremdende Elternteil, in 34,7% Väter.
Die Ergebnisse standen weitgehend im Einklang mit früheren Forschungsarbeiten. Die von Meier et al (2019) behaupteten Thesen konnten erneut nicht bestätigt werden. Deren Weigerung, über ihre Forschungsdaten Transparenz herzustellen, verstärkt den Eindruck, dass dies auch nicht möglich ist."
Der Missbrauch mit dem Missbrauch ist nach wie vor ein Problem in Familiengerichtlichen Verfahren. Die Schwierigkeit Vorwürfe aufzuklären, darf allerdings nicht dazu führen, dass Elternteile zum Schaden der Kinder entfremdet werden.