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Der 2-teilige Fachartikel von Menno Baumann, Charlotte Michel-Biegel, Stefan Rücker, Marc Serafin, Reinhard Wiesner gibt einen Überblick über das Thema Eltern-Kind-Entfremdung (EKE). Die Autoren stellen klar, warum dieses in der Fachwelt weitläufig beobachtbare Phänomen eine Form psychischen Missbrauchs ist, der nachweislich auch physische Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern hat.
Entfremdendes Verhalten kann eine dynamische Kindeswohlgefährdung (§1666 BGB) sein, der entschieden entgegengetreten werden muss.
Im Artikel wird allerdings auch festgestellt, dass die gegenwärtige Praxis zumeist gegenteilig vorgeht und Eltern-Kind-Entfremdung sogar noch verstärkt. Gegenwärtige Maßnahmen – insbesondere der Ausschluss und die Einschränkung von Umgangskontakten mit dem Entfremdeten Elternteil – werden von den Autoren als kontraindiziert bezeichnet. Ein Stufenmodell zur erfolgreichen Intervention wird vorgestellt.
Im Artikel werden Studien erwähnt, die gerade belegen, dass der Ausbau und die Anbahnung von Umgangskontakten zu ausgegrenzten Elternteilen hilfreich sind, um die Entwicklung der Kinder zu stabilisieren und zu fördern. So wird eine auch mit Sanktionsmasnahmen begleitete Intervention auf allen Ebenen des Helfersystems mit geeigneten Familiengerichtlichen Entscheidungen, Elterncoaching und Familientherapeutischen Maßnahmen vorgeschlagen. Dabei ist die Unverzüglichkeit der Maßnahmen ebenfalls entscheidend.
Im zweiten Teil des Artikels werden weitere Interventionsmöglichkeiten benannt aber auch Gesetzeslücken aufgezeigt, die es heute teilweise immer noch verhindern, am Kindeswohl orientierte Interventionen durchzuführen. Ebenfalls wird benannt, dass die Untätigkeit des Gesetzgebers und die Ausstattung der Familiengerichte mit entsprechenden Ressoucen als ein "Verstoß gegen die Vorgaben von Art. 8 EMRK zu werten" ist. Der Gesetzgeber sei aufgefordert "den menschenrechtswidrigen Zustand des deutschen Rechts an dieser Stelle unverzüglich zu beseitigen".
ZKJ Juli 2022 . S. 241 – 279 . ISSN 1861-6631