Es ist schon weitgehend bedrückend, was die etablierten Parteien in ihre Wahlprogramme bezüglich getrennt lebender Familien geschrieben haben. Die meisten Parteien wollen das Modell Alleinerziehung weiter ausbauen. Das Wort Vater findet sich kaum. Gleichberechtigung soll i.d.R. nur für Frauen und LGBTQ-Personen stattfinden. Eine Kurzanalyse der Wahlprogramme.
Die CDU/CSU bleibt wie üblich komplett unkonkret und will "die familienrechtlichen Vorschriften im Unterhalts-, Sorge- und Umgangsrecht anpassen. Zentral ist dabei nach wie vor das Wohl des Kindes. Wir wollen eine Aufenthalts- und Betreuungsregelung, die in jedem Einzelfall bestmöglich das Kindeswohl sicherstellt." Fazit: es bleibt alles so wie es ist; Anwält*innen gewinnen immer und Richter*innen entscheiden nach gutdünken. Das Wort Vater kommt nur bei zusätzlichen zwei Partnerschaftsmonaten für das Elterngeld vor. Für die CDU/CSU bleibt also die Frau in der Höhle und sorgt sich um Feuer und Kinder, der Mann geht jagen.
https://www.ein-guter-plan-fuer-deutschland.de/programm/Beschluss+Programm.pdf
SPD: Bei der SPD kommt der Vater nur einmal vor: Man fordert die Vaterschaftsfreistellung nach der Geburt. Löblich, aber natürlich nur, wenn der Vater nicht getrennt lebt. Eine Familienrechtsreform findet sich nur für Lesben und LGBTQ-Personen im Programm. Die Erkenntnis "Kinder und Jugendliche brauchen starke Familien. Sie brauchen Liebe, Zuwendung und viel gemeinsame Zeit. Die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft hängt davon ab, dass sich Menschen für Kinder entscheiden und sie auf ihrem Weg in ein selbständiges Leben bestmöglich begleiten" wird nicht mit konkreten Zielen gefüllt. Eine Reform des Familienrechts, welche bereits in vielen europäischen Ländern vollzogen wurde, bleibt mit der SPD aus.
https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Programm/SPD-Zukunftsprogramm.pdf
Die GRÜNEN: Hier werden Väter genau zwei mal erwähnt: Co-Mütter sollen die gleichen Rechte haben (Schwule bleiben weiter aussen vor) und man fordert, dass "insbesondere Väter gleichermaßen Verantwortung und Sorgearbeit in der Familie übernehmen" (ohne dabei konkret zu werden). Allerdings nur solange diese nicht getrennt sind. Ansonsten bleibt es beim Prinzip Alleinerziehung ohne gleichberechtigte Elternschaft. Die Grünen sprechen sogar in destruktiver Weise von der Ein-Eltern-Familie. Dabei will man zur Förderung dieses für Kinder ungeeigneten Lebensmodells den Mindestunterhalt weiter anheben. Die GRÜNEN haben bis heute nicht verstanden, dass es ohne beide Elternteile nach einer Trennung nicht geht.
https://cms.gruene.de/uploads/documents/Wahlprogramm-DIE-GRUENEN-Bundestagswahl-2021_barrierefrei.pdf
Die rechtsradikale AfD "bekennt sich zur "Familie als Keimzelle unserer Gesellschaft. Sie besteht aus Vater, Mutter und Kindern." Der Begriff Vater kommt satte vier mal vor. Es wird "eine unabhängige Kontrolle der Jugendämter" gefordert. "Die Umgangsrechte und -pflichten beider Elternteile" sollen (unkonkret) gestärkt werden und man fordert "auch bei nichtehelichen Kindern ein gemeinsames Sorgerecht ab Geburt." Zuletzt hatte sich aber auch die AfD gegen ein gesetzliches Leitbild der Doppelresidenz gestellt. Im Wesentlichen will man dann doch wohl nur – wie auch die CDU/CSU – tradierte Rollenbilder bestärken.
https://cdn.afd.tools/wp-content/uploads/sites/111/2021/06/20210611_AfD_Programm_2021.pdf
Die FDP hat den Vater einmal auf dem Schirm: Es soll der Zustimmung des leiblichen Vaters bedürfen, wenn eine zweite Mutter ins Spiel kommt. Daneben fordert sie die steuerliche Absetzbarkeit von Unterhalt. Neben der Pluralität von Familienformen plädiert die FDP als einzige Partei für die gemeinsame Elternschaft und gleichberechtigte Betreuung von Kindern nach einer Trennung und fordert ein durchsetzbares Umgangsrecht der Großeltern. Es scheint als würde es eine durchgreifende Familienrechtreform nur mit der FDP geben – sofern diese nicht nur als Verhandlungsmasse in Koalitionsverhandlungen eingesetzt wird.
https://www.fdp.de/sites/default/files/2021-06/FDP_Programm_Bundestagswahl2021_1.pdf
Die LINKE: spricht zwar proforma von Alleinerziehenden Müttern und Vätern, meint es aber nicht wirklich, geht sie doch davon aus, dass sich Patriarchat und Kapital gegenseitig stützen. Sie fordert zwar "Arbeitszeitmodelle, die es Müttern und Vätern ermöglichen, ihren Beruf mit Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen", bleibt aber eine Antwort schuldig, was man mit der vielen Zeit anfängt, wenn einem der Zugang zu seinen Kindern verwehrt wird. Eine Reform im Familienrecht diesbezüglich wird abgelehnt. In diesem Zusammenhang sind auch die Aussagen zu werten, dass "Um die partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in den Familien zu fördern, wollen wir den Elterngeldanspruch auf zwölf Monate pro Elternteil verlängern. Der Elterngeldanspruch gilt individuell und ist nicht auf den anderen Elternteil übertragbar. Zudem braucht es einen zusätzlichen Elternschutz von zehn Tagen bezahlter Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt des Kindes." Auch hier werden getrennt lebende Elternteile voraussichtlich leer ausgehen.
https://www.die-linke.de/wahlen/wahlprogramm-2021/
Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass die meisten Parteien nicht wirklich die Interessen von Trennungskindern auf dem Schirm haben und die Einbindung von Vätern in die Erziehungsarbeit nach wie vor stiefmütterlich betrachtet wird. So bleibt es bei Floskeln und ungaren Analysen, was die bekannten Auswirkungen für Trennungsfamilien verursacht. Die Chancen für eine Reform des Familienrechts sind äusserst gering.